Hunde und Natur: die Leine ist keine sinnlose Schikane – Bodenbrüter brauchen Ruhe zum Brüten
Noch stottert der Motor des Frühjahres etwas –April eben– doch dessen ungeachtet hat landauf,
landab wieder die Vogelwelt mit der Brut begonnen. Die Zahlen vieler (nicht aller!) Arten gehen
dabei seit langem zurück, wobei insbesondere Bodenbrüter wie Kiebitz und Großer Brachvogel es
schwer haben. Neben intensiver Bodenbearbeitung und natürlicher Prädation kommt noch eine
weitere Störung (und manchmal Bedrohung) hinzu. Sie hat vier Beine und je nach Rasse oft ein
stürmisches Temperament, das sich in Toben und Gebell äußert.
Natürlich gibt es unter den Hunden viele geruhsame Gesellen, die sich entweder längst müde und
klapprig getobt haben oder mit ihrem Jagd- und Spieltrieb nie viel anfangen konnten. Wenn diese
vorbei schlurfen, zuckt jeder klügere Kiebitz blasiert mit den Achseln. Anders ist es, wenn unverhofft
ein hyperaktives Sprintwunder in Wolfsgestalt im Zickzack dahergeschossen kommt und jeden
Flecken Erde auf links dreht. So ein Energiebündel muss sich natürlich irgendwo abreagieren.
Hundewiesen/-Flächen am Ortsrand oder im Park sind deshalb eine tolle Erfindung.
Naturschutzgebiete sind dafür aber kaum geeigneter als Kirchen oder Krankenhäuser. Hier sollen
Arten, die anderswo wenig Überlebenschancen haben, ein Refugium finden. Dazu gehören Großer
Brachvogel und Kiebitz. Der Haushund nicht. Das sollte auch nachvollziehbar sein. Deshalb muss er
hier Rücksicht auf Wiesenvögel nehmen, bzw. muss der zugehörige Mensch dafür sorgen, weil die
meisten Hunde bei der Frage „Wie verhalte ich mich im Naturschutzgebiet?“ größere Bildungslücken
aufweisen. Um die eigene Mündigkeit auf den Hund zu übertragen, eignet sich hervorragend eine
sogenannte Leine. Wenn der Hund 50m in der Weide steht und jemand mit den Worten „Sultan,
kommst du wohl her!“ hinterher rennt, ist das Kind schon im Brunnen und der brütende Brachvogel
vorläufig über alle Berge. Zurück bleiben ungeschützte Eier und Küken. Diese frieren trostlos vor sich
hin und landen im schlimmsten Fall im Bauch irgendeines Prädators –mitunter des Hundes selbst.
So weit darf es nicht kommen. In der Dingdener Heide brüten keine 10 Paare des Großen
Brachvogels und keine 20 Paare des Kiebitzes. Ein paar Dutzend Störungen durch Hunde am Nest
und die Brutsaison ist im Eimer. Totalausfall. Das ist nichts Ungewöhnliches, vor allem in der
Dingdener Heide, wo die Hunde an manchen Tagen bald Schwanz an Schnauze laufen. Aus solchen
Gründen hat die Gesetzgebung ihre Liebe zur Hundeleine entdeckt und schreibt sie im NSG
verpflichtend vor –nicht als Armdekoration sondern als beständige, physische Verbindung zwischen
Halterhand und Hundehals. Der Hund muss dabei mit auf dem Weg bleiben. Nein, die Welt geht
nicht unter, wenn er einen Meter ins Gras/Gebüsch läuft und das Bein hebt. In Einzelfällen werden
Hunde allerdings an augenscheinlichen Telefonleitungen geführt und machen somit die Wiese
unsicher, während der/die Halter/in vorschriftsmäßig dem Weg folgt. Auch das ist nicht im Sinne der
Erfinderin.
Wir bedanken und bei all denen, die sich die obigen Gedanken zu Herzen nehmen, wenn sie wieder
mit dem Vierbeiner in der Dingdener Heide unterwegs sind!
(Quelle: Pressemitteilung Biologische Station Kreis Wesel)
Foto: Claudia Pedall